Sozialdiakonie-Konferenz 2021 - Klimaschutz geht alle an

Klimaschutz sei DAS entscheidende Thema unserer Generation, sagte Synodalratspräsidentin Judith Pörksen Roder bei ihren Begrüssungsworten. Diakonisch arbeitende Menschen aus den verschiedenen Kirchgemeinden waren zahlreich zur diesjährigen Sozialdiakoniekonferenz erschienen, um sich mit diesem dringlichen Thema zu beschäftigen.

Die Konferenz selber war ein Musterbeispiel, wie man einen Anlass klimafreundlich gestalten kann. Die Lunchbox kam vom Gmüesgarte, einem Unternehmen gegen Foodwaste. Es verarbeitet krummes, nicht handelskonformes Obst und Gemüse von regionalen Bauern. Die Süssigkeiten kamen von der Ässbar Bern und waren frisch von gestern, die Säfte stammten vom regionalen Kleinproduzenten.

Aus dem Synodalrat
Die Konferenz begann mit Informationen aus dem Synodalrat. Synodalrätin Claudia Hubacher begleitete die Konferenz zum letzten Mal. Sie wurde von Stephan Loosli, Co-Präsident des Sozialdiakonischen Vereins sdv, gebührend verabschiedet. Judith Pörksen Roder wies auf den Standpunkt des Synodalrates hin, der sich klar hinter den Klimaschutz stellt. Sie berichtete, dass Refbejuso als erste Schweizer Landeskirche 2019 mit dem Ökolabel «Grüner Güggel» ausgezeichnet worden war. Im Haus der Kirche werden nur noch palmölfreie Seifen und umweltverträgliche Reinigungsmittel verwendet, Bewegungsmelder helfen Energie zu sparen, und es ist eine Fotovoltaik-Anlage geplant. Auch der Synodalrat verschickt Protokolle nur noch elektronisch und spart Papier.

Claudia Hubacher berichtete von der Sommersynode und verwies auf die publizierten Protokolle. Ausserdem informierte sie darüber, dass die Konferenz Diakonie Schweiz die Revision der Mindestanforderungen zur doppelten Qualifikation genehmigt hat.

Fakten zum Klima
Drei Kurzreferate führten ins Thema ein. Prof. Thomas Frölicher, Klimaforscher an der Universität Bern, zeigte die wissenschaftlichen Fakten auf. Seit 1880, also seit der Industrialisierung und den Landnutzungsänderungen, ist die Temperatur weltweit um 1,2 Grad gestiegen. Hier sind die Ozeanflächen mitverrechnet. In der Schweiz sind es seit 1864 2,1 Grad. Grund ist der massive Anstieg der Treibhausgase, die verhindern, dass die Erde die Wärme genügend abstrahlen kann. Dass der Anstieg keine natürliche Schwankung ist, zeigen laut Frölicher die Eisbohrkerne, die erlauben, die CO2-Sättigung der Luft 800‘000 Jahre zurück zu verfolgen.

Die Konsequenzen? Unerträgliche Hitze, Feuer, Stürme, Regen, Überschwemmungen. Die Schneefallgrenze steigt rapide, die landwirtschaftliche Nahrungsproduktion wird schwierig werden.

Höchste Dringlichkeit
Die Umweltaktivistin und Mitinitiantin des Klimastreik, Anja Kammermann, begründete ihren persönlichen Einsatz eindrücklich. Sie handle aus zwei Motiven, sagte sie: aus der Dringlichkeit heraus, weil es keinen Aufschub mehr vertrage. Und weil sie in der privilegierten Position sei, sich einsetzen zu können. Dass es dringlich ist, belegte auch Frölicher: wenn wir den CO2-Ausstoss per sofort stoppen könnten, wird sich das Klima innerhalb von rund 400 Jahren erholen.

Jeder noch so kleine Schritt zählt
Thomas Bornhauser von der Kirchgemeinde Steffisburg erzählte aus der Praxis. Sie hätten sich die Frage gestellt, wo und weshalb wir Menschen unnötig CO2 produzierten. Warum fahren wir herum, fliegen in den Ferien auf die Malediven? Die Antwort: weil wir Angst haben, unser Glück zu verpassen, weil wir im Alltag nicht erfüllt, nicht glücklich sind. Also gilt es, genau da anzusetzen. Feste feiern, Gemeinschaft fördern. In Steffisburg, sagte Bornhauser, seien alle drei Kirchen gut besucht.

Die Kirchgemeinde organisierte einen Dreijahreszyklus mit verschiedenen Events zum Thema Gerechtigkeit. Gerechtigkeit in der Ernährung, bei den Finanzen und in der Mobilität. Sie verteilt Kärtchen mit Tipps, worauf man beim Einkauf achten soll und versucht, die Menschen da abzuholen, wo sie im Alltag stehen. «Das Gemeindeleben muss sich lohnen, muss glücklich machen.»

Kirche ist nie unpolitisch
In der Diskussion wurde klar, dass klimabewusstes Handeln auch auf Widerstand stossen kann. Ein Kirchgemeinderat, der sich aus finanziellen Gründen gegen ein nachhaltiges Kirchgemeindehaus stellt, Gewerbetreibende, die mit finanziellen Konsequenzen drohen, wenn die Kirche Stellung bezieht. Ja, selbst die Bibel, die sagt, der Mensch solle sich die Erde untertan machen. Die Bedürfnisse der Menschen auf dem Land, die ganz anders sind als jene der Stadtmenschen.
Die Lösungsansätze: Klimaschutz ist Gesellschaftspolitik, nicht Parteipolitik. Es ist wichtig, mit dem Kirchgemeinderat, mit lokalen Politikern zu reden, Gegenstimme geben, sich wenn nötig auch von aussen Hilfe zu holen. Sich vernetzen mit bestehenden Strukturen. Nicht aufgeben. Sich nicht instrumentalisieren lassen. Und nicht zuletzt: bei den Wahlen Kirchgemeinderäte portieren, die das Anliegen unterstützen.

Text: Susanne Thomann
Fotos: Tom Kaffka

 

Konkrete Ideen aus den Kirchgemeinden
Linkliste zum Thema Klimaschutz
Artikel zum Herunterladen (PDF)

Schlussworte

Es ist nie zu spät, CO2 zu reduzieren, auch im Kleinen. Jedes Gramm zählt.
Thomas Frölicher

Man sollte etwas Druck von der Eigenverantwortung des Einzelnen wegnehmen und die grossen Akteure unter Druck setzen. Diese sollen Verantwortung übernehmen.
Anja Kammermann

Vernetzung, Engagement und Austausch sind wichtig. Die Kirche muss Stellung beziehen und Profil zeigen.
Martin Bornhauser


Materialien zum Thema Klimawandel

Referat Thomas Frölicher zum Herunterladen bei der ETH Zürich (PDF)

Ideensammlung aus den Kirchgemeinden für konkrete Schritte in der Praxis

Linklisten der Referenten mit weiterführenden Informationen zum Klimawandel


Weitere Informationen

Standpunkt des Synodalrats zum Thema Klimawandel auf refbejuso.ch

Sommersynode 2021, Bericht und Protokoll auf refbejuso.ch

Impressionen von der Sozialdiakonie-Konferenz 2021