Wir fragten Kira Frei, Sozialdiakonin der Kirchgemeinde Jegenstorf Urtenen

Der Lockdown war ein Einbruch im Leben der Kirchgemeinden. Was hat das bei Ihnen ausgelöst?

Plötzlich fielen alle Anlässe, Angebote und Kontakte weg. Begegnung, also die essenzielle Seite kirchlicher Arbeit, war weg. Das hat mich recht durchgeschüttelt und viele Fragen aufgeworfen. Was sind wir als Kirche? Wo stehen wir? Was ist unsere Aufgabe? Was können wir für die Menschen in dieser Situation tun? Was brauchen die Menschen überhaupt?

Gibt es unterdessen Antworten auf diese Fragen?

Wir stecken noch mitten in diesem Prozess. Persönlich finde ich es bereichernd, die Arbeit grundsätzlich zu hinterfragen. Das ist eine Chance, Altes loszulassen und Neues zu wagen. Für mich ist wichtig geworden, ganz neu auf die Menschen zu hören. Genau hinzuhören, was sie wirklich brauchen.

Und was brauchen die Menschen wirklich?

Ich habe im Lockdown bemerkt, dass sie neu nach Gott fragen, dass sie die Kirche auch als Gebäude aufsuchen. Daraus ist dann das Projekt „Segen to go“ entstanden. Die Leute kommen zur Kirche und finden hier etwas, finden Trost und Segen. Das Angebot ist niederschwellig und ermöglicht es, die Menschen zu erreichen ohne persönlichen Kontakt. Wir bieten eine Begegnung zwischen Mensch und Kirche, zwischen Mensch und Gott an.

Hat sich Ihre Arbeit unterdessen wieder normalisiert?

Ich bin im Bereich Kinder und Familien tätig. Meine Arbeit besteht darin, Anlässe und Begegnung zu organisieren. Wir sind dabei, einzelne Anlässe wieder hochzufahren, stellen aber fest, dass die Leute sich viel weniger anmelden.  Meine Arbeit ist jetzt viel proaktiver. Ich rufe die Leute an, gehe auf die einzelnen zu. Es läuft nicht automatisch wieder so wie vorher.

Was nehmen Sie aus diesen Erfahrungen mit in die Zukunft?

Zwei Sachen. Zum einen werden wir die Anlässe weiterführen und anpassen. Ich bin überzeugt davon, dass Begegnung auf diese Weise funktioniert. Auf der anderen Seite müssen wir eine neue Art der Arbeit finden, weg vom reinen Programm machen. Wir müssen neue Wege finden, wie Begegnung zwischen Menschen und Kirche stattfinden kann.

Wie sehen solche neuen Wege aus?

Gottesdienste online anbieten, zum Beispiel. Wir haben festgestellt, dass wir mit dem Streaming von Gottesdiensten eine grosse Reichweite haben. Und „Segen to go“ werde ich im November zur Adventszeit wieder anbieten. Neu werde ich auch mit Kindern Segenskarten herstellen. Das verbindet auch die Generationen. Beides sind Angebote, die auch ganz unabhängig von Corona Menschen und Kirche zusammenbringen.

 

Weitere Informationen zum Projekt „Segen to go“ finden Sie hier

 

Kira Frei bei ihrer Arbeit mit Kindern