Sozialdiakonie am runden Tisch

«Diakonie vernetzt» nennt sich das neue Format, das soeben seine erste Proberunde bestanden hat. Sozialdiakonisch Arbeitende aus dem ganzen Kirchengebiet trafen sich im Haus der Kirche um sich zu informieren, sich kennenzulernen und sich auszutauschen.

Das Thema der ersten Veranstaltung waren die Beratungsstellen Ehe · Partnerschaft · Familie (EPF) und frabina, Beratungsstelle für binationale Paare und Familien. Den Diskussionsrunden voraus gingen drei Kurzreferate. Gabriella Weber, Beauftrage EPF bei den Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn (Refbejuso), stellte die Beratungsstellen vor. 10 sind es heute im Kirchengebiet, sie sind dezentral verteilt in den verschiedenen Bezirken. 9 davon werden von Refbejuso koordiniert und umfassen insgesamt 865 Stellenprozent. Alle Beratenden verfügen über eine professionelle Ausbildung und bewältigen rund 8000 Beratungen pro Jahr.

Finanziert werden die Stellen hauptsächlich von kirchlichen Trägerschaften und dem Kanton Bern. Interessant: in 42 Prozent der Fälle sind es die Frauen, die eine Beratung aufsuchen, gefolgt von Paaren mit 39 Prozent. Männer ergreifen die Initiative in 15 Prozent der Fälle, die Tendenz ist steigend. Kommt es zu einer Trennung, so steht den Ratsuchenden zusätzlich eine Rechtsberatung zur Verfügung.

Aus der Praxis

Filip Pavlinec, Paar- und Familientherapeut in Thun, erzählte aus der Praxis seiner Tätigkeit. Er umriss die Themen, mit denen er konfrontiert ist, und die von Elternproblemen mit Teenagern über aussereheliche Affären bis hin zur Trennungsbegleitung von Paaren reichen. Auch Erwachsene, die Probleme mit ihren alten Eltern haben, gehören zur Klientel. Und immer häufiger sei auch Polyamorie ein Thema, sagte Pavlinec. In Einzelfällen begleitet er Klienten bis zu 30 Sitzungen lang, rund ein Viertel kämen aber nur für 1 Sitzung, die meisten zwischen 2 und 10 Sitzungen.

frabina

Sonja Fankhauser von der Beratungsstelle für binationale Paare und Familien, stellte frabina vor. Die Beratungsstelle wird von einem Trägerverein geführt und ist über eine Leistungsvereinbarung mit Refbejuso vernetzt. Entstanden ist frabina im Jahr 2000 aus dem Zusammenschluss der Beratungsstelle für Frauen (Gründungsdatum: 1958) und der Auskunftsstelle Ehe mit Ausländern (Gründungsdatum: 1969) der Evangelischen Frauenhilfe. Heute sind die Beratungen für alle offen, Einzelpersonen, Familien, Paare. Der Fokus der Beratungen liegt – anders als bei EPF – oft auf rechtlichen und administrativen Themen, auch wenn die psychosoziale Situation immer mitspielt. Das Beratungsangebot umfasst unter anderem Familiennachzug, Aufenthalt und Integration, Trennung/Scheidung, Finanzen und Kontakt mit Behörden.

Diskussionsrunden

Nach den Referaten hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich in Gruppen miteinander und mit den Referierenden auszutauschen. Dabei zeigte sich, wie wichtig und richtig das Format ist: Den meisten Teilnehmenden war nicht bewusst, dass sie die Hilfe der Beratungsstellen in Anspruch nehmen können, sei es, indem sie jemanden zuweisen, oder, dass sie auch selber eine Rechtsauskunft bei der Rechtsberatung einholen.

Als ausgesprochen wertvoll erwies sich auch der Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen, die im gleichen Fachgebiet arbeiten. So etwa formte sich eine Gruppe von Jugendarbeitenden, die Erfahrungen austauschten, sowohl untereinander, als auch mit den Referierenden. In diesem Kreis war es auch möglich, schwierige Themen anzusprechen. Etwa, wie sich der christliche Hintergrund mit einer zunehmenden friends with benefits-Kultur bei jungen Erwachsenen vereinbaren lasse.

Eines der diskutierten Themen war die Pensionierung und ihre Auswirkung auf die Ehe. Vorab im Seniorensegment arbeitende Anwesende interessierten sich dafür, dass sie auch Seniorenpaare an die Beratungsstellen EPF weiterleiten können. Laut Weber gibt es immer wieder Seniorinnen und Senioren, die sich an die Beratungsstellen wenden, um sich auf die neue Lebenssituation vorzubereiten. Die Klientel der Beratungsstellen, so Weber, umfasse Altersstufen von Jugendlich bis 90.

Geplant ist, Diakonie vernetzt in Zukunft zweimal pro Jahr zu verschiedenen Themen durchzuführen.

 

Text/Bild: Susanne Thomann

 

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