Alimenteninkasso über Grenzen hinweg

Sandra und Melanie lernen sich über ein Vernetzungstreffen für EinEltern kennen. Sie finden schnell heraus, dass sie mit dem gleichen Problem beschäftigt sind: Sie erhalten keine Alimente für ihre Kinder, seitdem Ihre Ex-Partner die Schweiz verlassen haben. Sandra ist seit einem Jahr geschieden. Vor zwei Monaten ist ihr Ex-Gatte ins Heimatland zurückgekehrt. Entgegen ihrer Vereinbarung und seinem Versprechen hat er seitdem keine Alimente bezahlt. Melanie lebte mit ihrem Ex-Partner und ihrem gemeinsamen Kind im Konkubinat, bis dieser vor zwei Monaten von einer Reise ins Heimatland nicht zurückkehrte. Im weiteren Austausch stellen Sandra und Melanie fest, dass sie zwar mit dem gleichen Problem konfrontiert sind, aber doch unterschiedliche Lösungswege einschlagen müssen.

Worin unterscheiden sich nun die Situationen von Sandra und Melanie? Melanie lebte mit ihrem Ex-Partner im Konkubinat. Sie teilten sich die Aufgaben und verwalteten ihr Einkommen gemeinsam. Mehrere Jahre klappte das Zusammenleben einvernehmlich und Melanie sah keine Notwendigkeit mit ihrem Partner einen Unterhaltsvertrag zu vereinbaren. Nachträglich bereut sie ihre Entscheidung, die Empfehlungen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) nicht berücksichtigt zu haben. Ein von der KESB genehmigter Unterhaltsvertrag gäbe ihr heute die Möglichkeit, die Bevorschussung der im Unterhaltsvertrag vereinbarten Alimente bei der Gemeinde zu beantragen. Sandra hingegen besitzt eine gerichtlich genehmigte Scheidungskonvention und hat deshalb diese Möglichkeit. Für die Auslösung der Alimentenbevorschussung spielt der Familienstand keine Rolle. Allein entscheidend ist ein bestehender gerichtlich genehmigter Unterhaltsvertrag. Je nach Kanton wird die Bevorschussung unterschiedlich geregelt.

Berücksichtigt werden muss, dass die Ex-Partner im Ausland leben. Eine persönliche Kontaktaufnahme ist in jedem Fall als erste Massnahme empfehlenswert. Welche Gründe führen dazu, dass der Vater seine Verantwortung nicht wahrnimmt? In vielen Fällen können einvernehmlich für beide Seiten akzeptable Lösungen gefunden werden. Führt der persönliche Kontakt zu keinem Ergebnis, kann die Unterstützung von Fachstellen, z. B. dem Internationalen Sozialdienst, helfen eine Lösung über die Grenzen hinweg zu finden. Besonders für Melanie kann sich dieser Weg lohnen, da es für sie als Mutter ohne Unterhaltsvertrag die einzige Möglichkeit ist eine Alimentenvereinbarung zu erreichen. Ihr Ex-Partner lebt in Australien und es ist davon auszugehen, dass er in der Lage sein wird, Unterhaltszahlungen zu leisten. Anders wäre die Situation, wenn Melanies Ex - Partner in einem Land mit einem niedrigen Einkommensindex leben und über ein Einkommen verfügen würde, das in der Schweiz einem Taschengeld entspräche.

Für Sandra, als Mutter mit einem gerichtlich genehmigten Scheidungsurteil, besteht, falls eine einvernehmliche Lösung ausscheidet, die Möglichkeit die Alimente auf dem Rechtsweg über das Internationale Alimenteninkasso bei der Zentralbehörde des Bundesamtes für Justiz eintreiben zu lassen. Sie muss sich in diesem Fall an die kantonale Übermittlungsstelle wenden (Gemeinden geben Auskunft, welche Stelle im betreffenden Kanton zuständig ist). Falls Sandra die Bevorschussung der Alimente beantragt oder ihr diese bereits gewährt wird, wird die Alimenteninkassostelle für sie den Kontakt zur Zentralbehörde übernehmen. Der ExPartner von Sandra lebt in Argentinien. Argentinien ist Mitgliedstaat des UNO - Übereinkommens. Die Voraussetzungen zur Zusammenarbeit sind somit gegeben. Nicht bekannt ist, ob der Ex-Partner in Argentinien über ein Einkommen verfügt, dass ihm die Einhaltung der Alimentenverpflichtung ermöglicht. Der Ex-Partner hat die Möglichkeit eine Anpassung der Alimente, die seinen finanziellen Möglichkeiten entspricht, zu beantragen. Unterstützt das Gericht sein Begehren, wird Sandra möglicherweise entsprechend weniger Alimente erhalten.

Die Schweiz ist ein Land mit einem hohen Wohlstandsniveau. Deshalb ist in den meisten Fällen davon auszugehen, dass eine Wohnsitzverlegung ins Ausland zu einer Reduzierung der Alimente führen wird.

Ein Artikel der Beratungsstelle frabina

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