Erstaunliche Fakten über Partnerschaft

Was braucht es, damit Paare zusammen glücklich sind? Guy Bodenmann, Professor für Klinische Psychologie und Paarforscher an der Universität Zürich, zeigte in seinem Referat anlässlich Lunch am Puls die Fakten auf. Sie waren zum Teil vertraut, zum Teil überraschend.

Der Saal im Haus der Generationen in Bern war bis auf den letzten Platz besetzt. Lunch am Puls startete mit dem Referat „Was der Liebe gut tut“, ins zweite Jahr und ist ein voller Erfolg. Noch nie seien die Plätze so schnell ausgebucht gewesen, sagte die Initiantin Alena Ramseyer zu Beginn. Das mag auch an den Themen liegen. Das vergangene Jahr drehte sich um gesellschaftliche Entwicklungen, dieses Jahr ist der Partnerschaft und Familie gewidmet. Beides Themen, mit denen Sozialdiakoninnen und -diakone sowohl in ihrer Arbeit als auch im Privatleben konfrontiert sind.

Gebundene leben besser

Prof. Dr. Guy Bodenmann begann sein Referat mit ein paar medizinischen Fakten, die erstaunten. Nicht nur leben Menschen in einer Partnerschaft grundsätzlich gesünder, weil sie weniger Alkohol und Nikotin konsumieren, sie haben auch ein deutlich geringeres Risiko, an Grippe, Krebs oder Herzinfarkt zu erkranken. Sie haben weniger Stress, ein besseres Immunsystem und sind leistungsfähiger. Das hat Auswirkungen auf die Mortalität. Sie sinkt bei den Frauen um 50 %, bei den Männern sogar um 250 %. Partnerschaft verlängert also vor allem das Leben der Männer.

Allerdings reicht es nicht, einfach in einer Partnerschaft zu leben. Diese muss auch zufriedenstellend sein, damit sie positive Auswirkungen hat. Das zeigten eindrücklich die Zahlen einer Herzinfarktstudie: Nach einem Herzinfarkt überlebten 78 % der Patienten in glücklichen Beziehungen, aber nur 42 % in unglücklichen. Unglückliche Beziehungen generieren sogar mehr Belastung als ein Single-Leben und sind für die Gesundheit gefährlicher als allein zu sein, wie Bodenmann aufzeigte.

Schön und intelligent nützt nichts

Was macht eine Partnerschaft glücklich? „Es gibt Menschen, die eignen sich besser für eine Partnerschaft als andere“, sagte Bodenmann. Komplizierte Menschen generieren komplizierte Beziehungen. Schönheit, Intelligenz, Reichtum und Macht seien zwar förderlich für die Partnerwahl, für den Erfolg einer Partnerschaft seien sie aber irrelevant. Was zählt sind psychische Stabilität, Toleranz, Verlässlichkeit und Flexibilität.

„Jeder Mensch bringt sein Päckli mit“, führte Bodenmann aus. Das sei wichtig zu akzeptieren. Niemand ist perfekt. Deshalb sei es wichtig, gegenüber dem anderen tolerant zu sein. Toleranz, Kompromissbereitschaft, Humor und Grosszügigkeit sind deshalb gute Voraussetzungen um in einer Beziehung glücklich zu werden. „Eine Partnerschaft ist ein Prozess. Man muss sich ständig anpassen. Flexible Menschen haben deshalb die grösste Chance auf eine funktionierende Beziehung.“

Das meiste ist Alltag

Das Glück einer Beziehung liege nicht in spektakulären Abenteuern und Events, sagte Bodenmann, sondern im alltäglichen Umgang miteinander. Dieser macht 80 % einer Partnerschaft aus. Hier braucht es Partnerschaftskompetenz, und die kann man lernen. Je respektvoller und aufmerksamer ein Paar im Alltag miteinander umgeht, desto stabiler ist die Beziehung. Stimmt die Alltagsinteraktion, so lassen sich damit auch Sachen kompensieren, die nicht so gut laufen. Zum Beispiel eine suboptimale Konfliktkommunikation.

Konflikte gehören zu einer Partnerschaft. „Wenn ein Paar sagt, es habe nie Streit, dann ist ziemlich sicher, dass etwas nicht stimmt“, so Bodenmann. Er erzählte aus seiner Praxis von pensionierten Paaren, von Gift zerfressen, weil sie nie geredet, sich nie gewehrt, ihre Konflikte nicht gelöst haben.

Die dritte Kompetenz ist partnerschaftliche Unterstützung. Ist der andere für mich da, wenn ich ihn brauche? Die Zahlen, die Bodenmann zu diesem Thema vorlegte, überraschten in ihrer Konsequenz. Hat einer der Partner Stress, so reicht es, wenn der andere zuhört. „Unglückliche Paare reden und reden und reden, aber sie hören nicht zu“,  sagte Bodenmann. Der Unterstützungswille sei hoch, es werden viele Ratschläge erteilt. Bei glücklichen Paaren wird hauptsächlich zugehört. Der/die Erzählende wird nicht unterbrochen. Es werden keine Ratschläge erteilt. Die Unterstützung funktioniert über das Verstanden-Werden. 

Sich verpflichten

Allerdings ist auch eine stabil-glückliche Partnerschaft kein Garant. Mit Partnerschaftskompetenz ist es nicht getan. Laut Bodenmann führt ein Viertel der Paare, die sich scheiden lassen, eine qualitativ gute Beziehung und ist mit dem Partner zufrieden, entscheidet sich aber für eine attraktivere Alternative. Deshalb, so Bodenmann, braucht es in einer Beziehung auch Commitment. Nebst Zufriedenheit müssen Motivation und Wille vorhanden sein, beieinander zu bleiben. Es braucht eine bewusste Verpflichtung einander gegenüber. Nicht nur mental, sondern auch emotional und körperlich. Der Partner ist der Mensch, zu dem man gehört, der einem emotional am nächsten steht, und mit dem man seine Sexualität teilt. Intimität, Vertrauen und Verbundenheit sind die Grundsteine einer dauerhaften Beziehung.

Die Paarbeziehung pflegen

Dass man an einer Beziehung ständig arbeiten und sie pflegen muss, das dürfte in der heutigen Zeit Allgemeingut sein. Dass man fast alles, was es dazu braucht, wissenschaftlich fundiert lernen kann, das ist neu. Prof. Guy Bodenmann hat dazu an der Universität Zürich Paarlife ins Leben gerufen, eine nicht-kommerzielle Institution, die es sich zur Aufgaben gemacht hat, Paarbeziehungen zu stärken. Paarlife bietet alles, was Paare stark macht, von Broschüren, Büchern und Online-Trainings, über Workshops und Kommunikationstrainings bis hin zur Paartherapie.

Laut Bodenmann braucht es zuerst Zeit für die Partnerschaft. Ein gemeinsames Problembewusstsein lässt sich erarbeiten, ebenso das Wissen, was der Beziehung förderlich ist, was nicht. Man kann auch lernen, die nützlichen Kompetenzen zu erhalten und auszubauen. Von der Motivation und dem Erfolg hängt dann wohl auch die Bereitschaft ab, im Alltag umzusetzen, was man erkannt und gelernt hat.

 

Text: Susanne Thomann
Foto: Matthias Hunziker

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Prof. Dr. Guy Bodenmann im Gespräch mit Alena Ramseyer

Weitere Informationen

Paarlife – Was Paare stark macht

Mit Paarlife bietet die Universität Zürich eine wissenschaftlich fundierte Plattform zur Beziehungspflege. Paarlife fördert wichtige Paarkompetenzen (gemeinsame Stressbewältigung, Kommunikation, Problemlösen) und sensibilisiert Paare für das Thema Liebe und wie man sie pflegen kann.

www.paarlife.ch

Referat zum Herunterladen

Lunch am Puls

Der nächste Lunch am Puls findet am Dienstag, 9. Juni 2020 im Haus der Generationen statt. Thema: Christiliche Familienbilder - vom Ideal zu neuem Verständnis. Referentin: Sabine Scheuter, Theologin.
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Kontakt: Alena.Ramseyer(at)refbejuso.ch